So sichern Sie sich die Vergütung für Besondere Leistungen

von RA Christoph Bubert und RA Mario Kirsten

in: Wirtschaftsdienst für Ingenieure & Architekten 4/2002, S. 9

Vor allem beim Bauen im Bestand sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Bauherr und Planer über die Honorierung Besonderer Leistungen an der Tagesordnung. Sie als Planer werden mit folgenden Einwänden konfrontiert: Der Bauherr stuft die von Ihnen reklamierte Besondere Leistungen als Grundleistung (vor allem der Grundlagenermittlung) ein. Einwand Nummer Zwei lautet, dass alle Erschwernisse, die beim Planen und Bauen im Bestand auftreten, mit dem Umbauzuschlag gemäß §§ 24, 59 und 76 HOAI abgegolten seien.

Geben Sie nicht klein bei. Im folgenden Beitrag zeigen wir Ihnen, auf welche Honorargrundsätze Sie sich beim Planen und Bauen im Bestand berufen können und wie Sie Probleme bei der Durchsetzung der Vergütungsansprüche für Besondere Leistungen vermeiden.

Die Ausgangssituation
Wie schon erwähnt, tritt der Wunsch des Bauherrn nach der Ausführung oder die Notwendigkeit zur Erbringung Besonderer Leistungen vor allem in Umbausituationen auf. Typische Beispiele sind die Bestandsaufnahme, die Bestandsanalyse und/oder das Untersuchen von Lösungsmöglichkeiten nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen sowie die Erstellung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen, das Anfertigen von Mustern und Modellen oder das Ausarbeiten besonderer Maßnahmen zur Gebäude- und Bauteiloptimierung.

Diese Besonderen Leistungen können einen durchsetzbaren Honoraranspruch auslösen (§ 5 Absatz 4 HOAI). Voraussetzung ist, dass
die Leistungen im Verhältnis zu den Grundleistungen einen nicht unwesentlichen Arbeits- und Zeitaufwand verursachen (diese Bedingung dürfte in der Regel erfüllt sein), und
das Honorar schriftlich vereinbart worden ist.

BGH macht aus Honorar- noch ein Haftungsproblem
Neben dem Schriftformerfordernis ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch ein Haftungsproblem aufgetreten. Nach Ansicht des BGH enthält die HOAI keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurverträgen. Die von Ihnen geschuldete Leistung ergibt sich allein aus dem geschlossenen Vertrag (Urteil vom 24.10.1996, Az: VII ZR 283/95). Das heißt: Wenn dies zum Erreichen des im Werkvertrag beschriebenen Erfolgs notwendig ist, müssen Sie auch Besondere Leistungen erbringen. Einer ausdrücklichen Niederlegung im Vertrag bedarf es nicht.

Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, riskieren Sie, vom Bauherrn mit einem Schadensersatzanspruch wegen Schlecht- bzw. Nichterfüllung des Vertrags überzogen zu werden. Diese Haftung könnenSie daher nur vermeiden, wenn Sie die notwendigen (und zum Beispiel vom Auftraggeber ausdrücklich geforderten) Besonderen Leistungen erbringen. Sie können die Leistung auch nicht mit dem Einwand zurückbehalten, eine schriftliche Honorarvereinbarung mit dem Bauherrn sei nicht getroffen worden.

Zwischenfazit: Die Haftungsproblematik verschärft den Zwang, die Vergütungsfrage rechtzeitig und befriedigend zu klären.

Einwände der Bauherren widerlegen
Viele Bauherrn verweigern aber den Abschluss einer Honorarvereinbarung für Besondere Leistungen. Sie tun dies mit dem Hinweis, dass zum Beispiel der Umbauzuschlag honorarmäßig sämtliche über die Grundleistungen hinausgehenden Leistungen und Erschwernisse bei Umbauten abgelte.

Unser Tipp: Diese Auffassung ist schlichtweg falsch. Der Umbauzuschlag gleicht honorarmäßig nur den besonderen Aufwand aus, der Ihnen durch die planerische oder baukonstruktive Anpassung der vorhandenen Bausubstanz in die Planungsaufgabe entsteht. Zusätzlich berücksichtigt er Ihr erhöhtes Planungsrisiko. Der Umbauzuschlag gilt aber nicht Besondere Leistungen ab, die der Bauherr entweder fordert oder die zur Erreichung des Werkerfolgs notwendig sind.

Der Umbauzuschlag und die Vergütung für Besondere Leistungen sind – salopp gesagt – zwei Paar Schuhe. Dies hat der BGH in einem älteren Urteil für eine vergleichbare Abgrenzungsfrage bestätigt (BGH, Urteil vom 19.6.19886, Az: VII ZR 260/84, BauR 1986, 593). Dort hat er entschieden, dass die anrechenbaren Kosten der Altbausubstanz nach § 10 Absatz 3a HOAI auch zwingend im Bereich der Ermittlung der anrechenbaren Kosten zu berücksichtigen sind, wenn vertraglich ein Umbauzuschlag vereinbart ist. Vergleichbares gilt auch für Besondere Leistungen wie die Bestandsaufnahme und -analyse. Das sind Besondere Leistungen, die neben die Grundleistungen treten. Sie sind nicht mit dem Umbauzuschlag abgegolten. Denn dieser gewährt lediglich eine Erhöhung des Honorars für die Grundleistungen.

Lassen Sie sich auch nicht von dem Bauherrn-Einwand beeindrucken, die Bestandsaufnahme und -analyse etc. seien Grundleistungen der Grundlagenermittlung. Die in den einzelnen Leistungsbildern der HOAI aufgezählten Grundleistungen sind abschließend. Leistungen, die nicht im Grundleistungskatalog aufgeführt sind, sind Besondere Leistungen gemäß § 2 Absatz 3 HOAI. Das gilt selbst dann, wenn sie nicht ausdrücklich als Besondere Leistung in der rechten Spalte des jeweiligen Leistungsbilds aufgeführt sind.

Vertragsrechtliche Fallstricke beachten
Auch wenn es an der Berechtigung der Honorarforderung für Besondere Leistungen keinen Zweifel gibt: Viele Planer sind schon gescheitert, weil sie keine schriftliche Honorarvereinbarung nach § 5 Absatz 4 HOAI vorlegen konnten. Denn die Rechtsprechung geht gerade beim Schriftformerfordernis für Besondere Leistungen sehr formal vor. Beleg dafür ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln, dass bei Fehlen einer schriftlichen Honorarvereinbarung ein Vergütungsanspruch auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeeitet werden kann (Urteil vom 12.2.1998, Az: 12 U 103/97). Im konkreten Fall war die Besondere Leistung für die Bauausführung unabdingbar gewesen und vom Bauherrn ausdrücklich gefordert worden.

Unser Tipp: Sie sind gut beraten, frühzeitig für die Sicherung des Vergütungsanspruchs für Besondere Leistungen Sorge zu tragen.

So gehen Sie in der Praxis vor
In der Praxis haben Sie drei Möglichkeiten, sich ein Honorar für Besondere Leistungen zu sichern bzw. zumindest der Haftung wegen der Nichtübernahme Besonderer Leistungen zu entgehen. Diese stellen wir Ihnen nachfolgend vor.

1. Regelung im Vertrag
Im Idealfall werden sämtliche bei der Bearbeitung eines Bauvorhabens erforderlichen Besonderen Leistungen bereits im Architekten- oder Ingenieurvertrag benannt und das dafür vorgesehene Honorar festgelegt. Ist Ihr Auftraggeber der Auffassung, Besondere Leistungen sind überhaupt nicht erforderlich, und verweigert er daher die Aufnahme in den Vertrag, sollten Sie auch das vertraglich regeln. Ergänzen Sie den Vertrag um eine Klausel, die Sie von der Erbringung Besonderer Leistungen befreit. Diese könnte wie folgt lauten:

㤠XX Vertragsinhalt
Die mit diesem Vertrag vereinbarten Planungs- und Überwachungsleistungen beinhalten nur die als Grundleistungen nach § 15 Absatz 2 HOAI geregelten Leistungen. Besondere Leistungen sind nicht Vertragsgegenstand. Sollten weitere Leistungen erforderlich werden, so ist über diese weiteren Leistungen rechtzeitig eine gesonderte Leistungs- und Honorarvereinbarung zu treffen.“

Wichtig: Für andere Planbereiche müssen Sie die Vertragsklausel durch die Wahl des entsprechenden HOAI-Paragraphen anpassen.

2. Regelung im Lauf der Projektbetreuung
Sieht Ihr Vertrag keine Regelungen zur Erbringung und Vergütung Besonderer Leistungen vor, werden diese im Laufe der Projektbearbeitung jedoch ausdrücklich gefordert oder notwendig, sollten Sie möglichst vor der Durchführung der Leistung eine von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Honorarregelung treffen.

Wichtig: Seit 1991 (Inkrafttreten der IV. HOAI-Novelle) müssen Sie diese Honorarvereinbarung zwar nicht mehr zwingend schließen, bevor Sie die Leistungen erbringen. Wir empfehlen Ihnen diesen Weg trotzdem. Sie vermeiden so Nachteile und schaffen Rechtsklarheit.

3. Wenn keine Regelung erreichbar ist
In der Praxis wird es immer Fälle geben, in denen der Auftraggeber partout nicht bereit sein wird, die schriftliche Honorarvereinbarung zu unterzeichnen. Zum Beispiel weil er sich auf den Standpunkt stellt, dass es sich bei den strittigen Leistungen um Grund- und nicht um Besondere Leistungen handelt. Sie stehen dann natürlich vor der Frage, wie Sie verfahren sollten.
Auf keinen Fall sollten Sie die Ausführung der Besonderen Leistungen verweigern. Sonst sind Sie unweigerlich in der Haftung, wenn die Besonderen Leistungen erforderlich sind, um den von Ihnen vertraglich geschuldeten Erfolg zu erreichen.

Unser Tipp: Fordern Sie den Auftraggeber bei Notwendigkeit oder Forderung einer Besonderen Leistung stattdessen schriftlich zum Abschluss einer Honorarvereinbarung auf. Tragen Sie ihm nachweisbar eine Honorarvereinbarung an, wenn er dieser Aufforderung nicht nachkommt, weil er etwa der Auffassung ist, es handele sich nicht um eine Besondere Leistung. Wir raten Ihnen zu einer Honorarvereinbarung, die unter der auflösenden Bedingung steht, dass sich nach der Projektbearbeitung herausstellt, es handelt sich tatsächlich nicht um eine Besondere oder Zusätzliche Leistung. Verweigert Ihr Auftraggeber auch die Unterschriftsleistung auf diese zumutbare Honorarvereinbarung, dürfte er aus Gründen von Treu und Glauben gehindert sein, Ihrer Honorarforderung die fehlende Schriftform im Sinne des § 5 Absatz 4 HOAI entgegenzuhalten.

Wichtig: Diese Honorarvereinbarung unter der auflösenden Bedingung müssen Sie dem Auftraggeber in einem Schreiben antragen. Dieses Schreiben könnte wie folgt lauten:

Sehr geehrte Damen und Herren,
um den Fortgang des Bau- bzw. Planungsvorhabens nicht zu behindern, schlagen wir vor, die Diskussion hinsichtlich der Vergütungspflicht der Leistung … zunächst auszusetzen. Wir erklären uns bereit, die Leistung durchzuführen und die Frage der Vergütungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt zu regeln. Da diese Leistung jedoch mit einem nicht unwesentlichen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden ist und zur Vermeidung eines von uns nicht hinnehmbaren Rechtsverlusts, bitten wir um schriftliche Bestätigung der folgenden Vergütungsvereinbarung. Diese Vereinbarung wird nichtig, wenn nach Beendigung unserer Planungstätigkeit festgestellt wird, dass es sich bei der in Rede stehenden Leistung nicht um eine Besondere Leistung im Sinne des § 5 Absatz 4 HOAI oder eine sonstige außervertragliche Zusätzliche Leistung handelt:

„Der Auftraggeber beauftragt das Planungsbüro … beim Projekt … mit der Leistung … . Als Vergütung für diese Leistung wird ein Pauschalhonorar in Höhe von … vereinbart. Diese Vereinbarung wird nichtig, wenn nach Beendigung der Planung festgestellt wird, dass es sich bei der in Rede stehenden Leistung um eine Grundleistung handelt.“