in: Beratende Ingenieure 1/2-2007, 50

OLG Naumburg, Urteil vom 29. 5. 2006 – 1 U 27/06 –, BauR 2006, 2089; Kammergericht, Urteil vom 8. 12. 2005 – 4 U 16/05 –, BauR 2006, 2094

Die zwei Entscheidungen befassen sich mit Fragen aus dem Bereich der Objektüberwachung, die auch für Ingenieure von Bedeutung sind.
Der objektüberwachende Planer schuldet einen Erfolg, nämlich das planungs- und fachgerechte Entstehenlassen des Bauwerks. Das Vertragsverhältnis wird daher als Werkvertrag und nicht als Dienstvertrag, bei dem lediglich das Bemühen des Auftragnehmers geschuldet ist, eingeordnet. Das gilt, wie das OLG Naumburg noch einmal ausdrücklich feststellt, auch dann, wenn der Planer ausschließlich mit der Objektüberwachung (und ggf. ?betreuung) beauftragt ist, ohne vorher für das Objekt Planungsleistungen erbracht zu haben. Danach schuldet der Objektüberwacher unabhängig von den in Leistungsphase 8 aufgeführten, grundsätzlich nur für die Honorierung relevanten Grundleistungen alle Tätigkeiten, die zur Erreichung des oben bezeichneten Erfolges erforderlich und zumutbar sind. Kernbereich der geschuldeten Leistung ist die Überwachung der Leistungen der ausführenden Unternehmer. Nach allgemeiner Meinung muß der Objektüberwacher allerdings nicht jede Bauleistung durchgehend überwachen und kontrollieren; vielmehr genügt er seiner Verpflichtung auch dann, wenn er stichprobenartig Kontrollen vornimmt. Diese können grundsätzlich auch nach Ausführung der Arbeiten erfolgen. Diese Grundsätze gelten für handwerkliche Selbstverständlichkeiten. Anders verhält es sich aber bei Leistungen, die entweder besonders kompliziert oder gefahrenträchtig oder für die fachgerechte Ausführung des Bauwerks von besonderer Bedeutung sind. Auch bei einfachen Tätigkeiten muß der Planer intensivere Überwachungsleistungen erbringen, wenn sich bei der Ausführung Mängel zeigen bzw. sich der ausführende Unternehmer als unzuverlässig erweist.
Erhöhte Anforderungen gelten – so das OLG Naumburg – auch bei einfachen Tätigkeiten (im entschiedenen Fall Fußbodenverlegearbeiten) dann, wenn dem Objektüberwacher, weil er an der Vergabe der Leistungen nicht beteiligt war, das ausführende Unternehmen hinsichtlich seiner Eignung völlig unbekannt ist. Dann muß er sich zumindest zu Beginn der Überwachungstätigkeit durch erhöhte Aufmerksamkeit einen Eindruck von der Eignung dieses Unternehmers verschaffen. Stellt er fest, daß der Unternehmer zuverlässig arbeitet, gelten die allgemeinen Regeln.
Das OLG Naumburg stellt weiterhin fest, daß der Planer seinen Überwachungspflichten nicht schon dadurch nachkommt, daß er festgestellte Mängel im Abnahmeprotokoll vermerkt; er hat vielmehr zusätzlich – auch vor der Abnahme – auf die Beseitigung erkannter Mängel und darauf hinzuwirken, daß es bei weiteren Arbeiten zu entsprechenden Mängeln nicht mehr kommt.
Liegen Pflichtverletzungen vor, ist daraus auf ein Verschulden des Auftragnehmers zu schließen. Der Auftragnehmer muß dartun und gegebenenfalls beweisen, daß er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
Ansprüche wegen Planungs- und Überwachungsmängeln bei Bauwerken verjähren grundsätzlich nach BGB in 5 Jahren, beginnend mit der Abnahme der Leistung.
Anders verhält es sich dann, wenn der Auftragnehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dann gilt die regelmäßige Verjährungsfrist. Zwar beträgt diese nicht mehr wie nach dem bis Ende 2001 geltenden Recht 30 Jahre, sondern nur noch drei Jahre; sie beginnt aber erst mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist und der Anspruchsinhaber von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Anspruchsgegners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Das kann dazu führen, daß die Verjährung erst nach Ablauf der normalen Verjährungsfrist beginnt. Allerdings verjährt der Anspruch unabhängig von der Kenntnis spätestens zehn Jahr nach der Entstehung. Daraus ergibt sich aber jedenfalls eine wesentliche Verbesserung der Stellung des Auftraggebers.
Ein arglistiges (d. h. vorsätzliches) Verschweigen liegt dann vor, wenn der mit der Objektüberwachung betraute Ingenieur ihm bekannte Mängel, zu deren Offenbarung er verpflichtet ist, verschweigt. Eine Offenbarungspflicht besteht insbesondere hinsichtlich solcher Mängel, die den Auftraggeber davon abhalten können, die Abnahme auszusprechen.
Darüber hinaus wird einem arglistigen Verschweigen im vorgenannten Sinne auch gleichgesetzt, wenn der Objektüberwacher sich seiner Offenbarungspflicht bei Abnahme entzieht, indem er sich unwissend hält. Darauf beruht die verlängerte Gewährleistungsfrist wegen Organisationsverschuldens: Der Auftragnehmer hat bei Einsatz von Erfüllungsgehilfen (Subplaner) nicht durch hinreichende Organisation dafür gesorgt, daß offenbarungspflichtige Mängel ihm bekannt werden. Ein arglistiges Verschweigen von Mängeln dadurch, daß sich der Auftragnehmer unwissend hält, ist schließlich auch dann gegeben, wenn der Objektüberwacher keine Bauüberwachung vorgenommen hat, weil er dann zwangsläufig Mängel nicht erkennen kann. Das Kammergericht hat erweiternd entschieden, daß arglistiges Verschweigen nicht nur dann anzunehmen ist, wenn nachweislich überhaupt keine Bauüberwachung stattgefunden hat, sondern auch dann, wenn die Bauüberwachung für einen abgrenzbaren Teilbereich des Bauwerks, der besonders schadensträchtig ist (Abdichtungsarbeiten), nicht vorgenommen worden ist. Das Gericht zieht aus der Tatsache, daß der streitgegenständliche Mangel der Ausführungsleistung bei zehn von zwölf Balkonen auftritt, es sich also um einen Serienfehler handelt, den Schluß, daß offenbar überhaupt keine Überwachung dieses Bauteils stattgefunden habe. Der Planer konnte dies nicht konkret widerlegen. Ebenso folgert übrigens auch das OLG Naumburg daraus, daß ein Mangel nicht erkannt worden ist, daß eine entsprechende Prüfung nicht erfolgt ist. Dies wird aber nur bei offensichtlichen Mängeln gelten können: Nicht jede übersehene fehlerhafte Ausführung bedeutet arglistiges Verschweigen. Zu beachten ist, daß die abweichende Verjährungsfrist wegen arglistigen Verschweigens nur soweit reicht, wie ein solches Verschweigen vorliegt. Mängel an anderen Gewerken, bei denen eine hinreichende Überwachung stattgefunden hat, verjähren ebenso in der normalen Frist wie etwa Planungsmängel oder Mängel bei der Rechnungsprüfung.