in: Beratende Ingenieure 5/6-2007

BGH, Urteil vom 26. 10. 2006 – VII ZR 133/04 –, NZBau 2007, 108
Die Rechtsprechung ist geneigt, die Pflichten der Planer beständig auszudehnen. Ursache dafür ist regelmäßig, dem Bauherrn einen – versicherten – Haftungsgegner zu verschaffen, weil der ausführende Unternehmer insolvent ist oder etwaige Ansprüche gegen ihn verjährt sind. In einer zum alten Recht ergangenen Entscheidung des BGH, die aber auch auf das geltende Recht übertragen werden kann, ging es um die Frage, ob auch die Ansprüche gegen den Planer – ebenso wie gegen den Bauunternehmer – verjährt waren. Im konkreten Fall ging es um die Haftung eines Architekten; für Ingenieure gilt aber im Ergebnis dasselbe.
Der Kläger hatte den Beklagten mit Planung und Objektüberwachung für ein Einfamilienhaus beauftragt, das 1992 errichtet worden ist. 1993 trat ein Feuchtigkeitsschaden auf. Der Beklagte rügte den Mangel im Auftrag des Klägers beim Bauunternehmer, der aber nichts unternahm. Der Kläger leitete daraufhin ein selbständiges Beweisverfahren ein. Als der Bauunternehmer daraufhin Nachbesserungsarbeiten unternahm, wurde das Beweisverfahren nicht weitergeführt. Trotz der Nachbesserung kam es später wieder zu Feuchtigkeitserscheinungen. In einem 2002 eingeleiteten Beweisverfahren wurde eine mangelhafte Abdichtung des Kellers als Ursache festgestellt. Daraufhin klagte der Kläger gegen Bauunternehmer und Architekten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz. Die Klage gegen beide Beklagten wurde wegen Verjährung abgewiesen.
Die Verjährungsfrist für Ansprüche sowohl aus der Errichtung eines Bauwerks als auch der Planungs- und Überwachungsleistungen dazu beträgt nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB fünf Jahre ab der Abnahme der Leistung.
Betreffend den Bauunternehmer hat die Verjährungsfrist mit Abnahme des Bauwerks 1992 begonnen. Sowohl die Einleitung eines Beweisverfahrens als auch die Vornahme von Nachbesserungsarbeiten als „Anerkenntnis“ führten nach altem Recht zur Unterbrechung der Verjährung, nach neuem Recht bewirkt die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens eine Hemmung, die Vornahme von Nachbesserungsleistungen wird regelmäßig als Anerkenntnis zum Neubeginn der Verjährung führen. Wird das selbständige Beweisverfahren nicht weiterbetrieben, endete jedoch die Unterbrechungswirkung bzw. endet die Hemmung der Verjährung. Im Jahre 2002 war jedenfalls trotz Unterbrechung bzw. Neubeginn der Verjährung die 1993 neu beginnende (weiterlaufende) Verjährungsfrist abgelaufen, so daß die Klage gegen den Bauunternehmer abzuweisen war. Arglist des Bauunternehmers, also vorsätzliches Handeln, die zu einer abweichenden Verjährungsfrist führt, war nicht festzustellen.
Hinsichtlich der Verjährung der Ansprüche gegen den Planer gelten dieselben Grundsätze. Hier ließ sich allerdings schon nicht feststellen, daß die Leistung des Planers 1992 oder später abgenommen worden ist, was vom Planer zu beweisen war. Dies ist bei Planungsverträgen sehr oft der Fall, da jedenfalls eine ausdrückliche Abnahme selten vorgenommen wird. Aus dem mitgeteilten Sachverhalt läßt sich nicht entnehmen, warum nicht eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten angenommen werden konnte, die regelmäßig bei vorbehaltloser Zahlung der vereinbarten Vergütung angenommen werden kann.
Der BGH kommt aber auch für den Fall, daß eine Abnahme stattgefunden habe, zum Ergebnis, daß unverjährte Ansprüche gegen den Planer bestehen.
Nach dem BGH gehört es zu den Pflichten des Planers in dem jeweils übernommenen Aufgabengebiet, den Bauherrn bei der Untersuchung und Behebung von Baumängeln zu unterstützen. Als Sachwalter schuldet er umfassende und unverzügliche Aufklärung der Ursachen von Baumängeln – einschließlich der sich daraus ergebenden Rechtslage, was nicht unbedenklich erscheint. Die genannte Verpflichtung besteht auch dann, wenn eigene Planungs- oder Überwachungsmängel des Planers als Ursache in Betracht kommen. Der Planer muß dabei nicht nur den Bauherrn darauf hinweisen, daß er für den Mangel wegen eigener mangelhafter Leistung möglicherweise mitverantwortlich ist, sondern muß die Mängelursachen untersuchen und den Bauherrn über das Ergebnis, die technischen Möglichkeiten der Beseitigung des Mangels und die Haftung informieren. Tut er das nicht, begeht er ein Pflichtverletzung (früher: positive Vertragsverletzung), die ihn zum Schadensersatz verpflichtet: Der Bauherr muß so gestellt werden, wie er stünde, wenn er im dargestellten Sinn hinreichend aufgeklärt worden wäre.
Dabei spricht eine Vermutung dafür, daß der Bauherr so beraten rechtzeitig Maßnahmen ergriffen hätte, um die Verjährung der Ansprüche gegen den Planer zu verhindern. Im Ergebnis führt also der Schadensersatzanspruch dahin, daß die Verjährung der Ansprüche gegen den Planer als nicht eingetreten gilt.
Der BGH stellt fest, daß der Beklagte im vorliegenden Fall nicht hinreichend aufgeklärt hat. Dabei war allerdings eine Besonderheit zu berücksichtigen: Der Beklagte hatte sich darauf berufen, der Kläger habe gegenüber dem Bauunternehmer trotz des Mangels das bereits begonnene selbständige Beweisverfahren nicht fortgeführt. Er hätte bei entsprechender Aufklärung über die eigene Haftung des Beklagten ihm gegenüber wohl auch nicht anders gehandelt. Damit wird die Ursächlichkeit der mangelnden Aufklärung für den eingetretenen Schaden bestritten. Der BGH weist dieses Argument zurück, offenbar vor dem Hintergrund, daß aus dem Verhalten des Auftraggebers in einer Angelegenheit nicht ohne weiteres ein Schluß auf Verhalten in anderen Angelegenheiten gezogen werden kann.
Auch der Anspruch aus der Pflichtverletzung unterliegt seinerseits der Verjährung, allerdings nicht der fünfjährigen Frist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB, sondern, da es sich um eine Nebenpflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) handelt, der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB, die aber nach § 199 BGB erst mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Entstanden ist der Anspruch mit dem Eintritt der Verjährung der gegen den Planer gerichteten Ansprüche; denn bis zu diesem Zeitpunkt kann der Auftraggeber bei noch erfolgter Information Maßnahmen ergreifen, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Wann Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände vorliegt, ist Frage des Einzelfalls. Jedenfalls muß für den Auftraggeber wohl ersichtlich sein, daß eine ursprüngliche Pflichtverletzung des Planers gegeben ist.