in: Beratende Ingenieure 10/2005, S. 48
OLG Köln, Urteil vom 17. 11. 2004 – 11 U 53/04 – NZBau 2005, 468
Der Kläger war vom Beklagten mit den Leistungen der Leistungsphasen 5–9
beauftragt. Die Kosten des Objekts sollten 200.000 Euro nicht übersteigen. Als Honorar wurde ein Betrag von 8.000 Euro vereinbart zuzüglich eines Erfolgshonorars bei Unterschreiten des Kostenrahmens. Das Mindestsatzhonorar würde 22.000 Euro betragen. Das Vorhaben ist für 300.000 Euro realisiert worden.
Auf eine vom Kläger gestellte Schlussrechnung erfolgte nur eine Teilzahlung. Nunmehr verlangt er weitere 19.000 Euro einschließlich eines Umbauzuschlages.
Das OLG gibt der Klage in Höhe von etwa 9.000 Euro statt.
Der Beklagte war der Ansicht, die unterhalb des Mindestsatzes liegende Honorarvereinbarung sei wirksam, da er ein Interesse an einer möglichst kostengünstigen Ausführung des Bauvorhabens habe, was er auch hinreichend deutlich gemacht hatte. Diese Argumentation weist das OLG zurück: Ein Ausnahmefall liege nur vor, wenn die vom Planer geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordere und dies nicht schon anderweitig berücksichtigt sei, ferner bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, persönlicher oder sozialer Art. Würde man das berechtigte, aber nicht außergewöhnliche Interesse an einer kostengünstigen Ausführung des Bauvorhabens als Ausnahmefall anerkennen, wäre die HOAI insgesamt zur Disposition gestellt. Dem Interesse des Bauherrn an einem kostengünstigen Bauwerk könne durch Vereinbarung einer Kostenobergrenze Rechnung getragen werden.
Die nachträgliche Berufung auf den Mindestsatz kann jedoch gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat, vertrauen durfte und sich darauf eingerichtet hat. Das OLG sieht ein Vertrauen des Beklagten nicht als schutzwürdig an, weil er sich durch die Vereinbarung eines Kostenlimits habe schützen können. Dieses Argument erscheint allerdings sehr fragwürdig.
Zutreffend ist das Hilfsargument des OLG: Der Beklagte war im Baurecht erkennbar erfahren und wusste daher auch, dass ein die Mindestsätze unterschreitendes Honorar unwirksam ist. Aus diesem Grund durfte der Beklagte nicht auf die Honorarvereinbarung vertrauen.
An der danach grundsätzlich zulässigen Abrechnung nach den Min-destsätzen ist der Kläger aber insoweit gehindert, als er nicht die tatsächlichen Kosten des Bauvorhabens, sondern lediglich Kosten in Höhe des vereinbarten Kostenrahmens ansetzen darf. Das OLG lässt offen, ob es sich insoweit um eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB handelt, da der Kläger jedenfalls nach Treu und Glauben nicht nach den höheren Kosten abrechnen dürfe. Es sei für ihn ersichtlich gewesen, dass der Beklagte ein großes Interesse an der Einhaltung der vorgegebenen Kosten gehabt habe; das Bauvorhaben hätte gar nicht begonnen werden sollen, wenn dieser Betrag überschritten würde. Auch die Honorarvereinbarung sei auf diesen Betrag zugeschnitten gewesen. Der Beklagte habe schutzwürdig auf die Einhaltung dieses Betrages vertraut, der Kläger sich darauf eingelassen.
Den Einwand des Klägers, er habe die Baukosten vor der Auftragsver-gabe gar nicht überprüfen können, weist das Gericht zurück: Er habe dieses Risiko bewusst übernommen. Im Ergebnis dürfte dem Gericht zuzustimmen sein, nicht aber in der auf Treu und Glauben gestützten Begründung, die eindeutig darauf hinweist, dass eben eine bestimmte Beschaffenheit des vom Planer zu erstellenden Werkes, nämlich die Realisierung des Objekts zu bestimmten Kosten, vereinbart war.
Der Kläger ist nicht an seine Schlussrechnung gebunden. Eine solche Bindung kann nach Treu und Glauben eintreten, wenn der Auftraggeber auf die abschließende Berechnung schutzwürdig vertraut und sich darauf eingerichtet hat. Der Beklagte hatte die Schlussrechnung zurückgewiesen und die Forderung abgelehnt. Er hat damit also nicht auf die Rechnung vertraut.
Im Rahmen der Honorarermittlung geht das Gericht auf die Honorarzone ein. Vereinbart war die Honorarzone III, der Beklagte meint nunmehr, dass Honorarzone II zutreffend sei. Das Gericht geht mit dem BGH davon aus, dass die Honorarzone objektiv zu bestimmen sei, den Parteien aber ein gewisser Beurteilungsspielraum zustehe. Eine innerhalb dieses Rahmens liegende Vereinbarung habe das Gericht hinzunehmen. Der Beklagte habe nicht dargetan, dass die Vereinbarung außerhalb dieses Rahmens liege. Das Gericht sieht deshalb keine Veranlassung, von der vereinbarten Honorarzone abzuweichen.
Ein Umbauzuschlag komme dagegen nur in Frage, wenn Umbau und Erweiterung getrennt abgerechnet werden könnten. Eine Trennung sei hier aber wegen der einheitlich für beide Teilbereiche zugrunde zu legenden Kostenobergrenze nicht möglich: Dadurch würden die anrechenbaren Kosten rechtlich zu einer Einheit verbunden. Sollte diese Bewertung generell gelten, wäre das unzutreffend, da selbstverständlich die anrechenbaren Kosten für die beiden Teilbereiche gesondert erfasst werden können und auch müssen.
Für den vorliegenden Fall, dass der Planer wegen der Baukostenüberschreitung seiner Abrechnung nur Kosten in Höhe des vereinbarten Limits zugrundelegen darf, kann man der Ansicht im Ansatz folgen, weil für diesen Betrag eine Aufgliederung in der Tat nicht möglich ist, da er eben nicht den realen Kosten entspricht. Immerhin wäre es allerdings denkbar, die Kosten zu den tatsächlichen Kosten ins Verhältnis zu setzen und so den Umbauteil zu bewerten, denn der Kläger hat Leistungen bei einem Umbau erbracht, der Zuschlag dafür ist Teil des Mindestsatzes.
Einen Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen der Kostenüberschreitung kann das Gericht nicht feststellen. Es liege keine Pflichtverletzung vor. Die Vermeidung einer Baukostenüberschreitung obliege in erster Linie dem planenden Architekten/Ingenieur. Mit entsprechenden Leistungen war aber nicht der Kläger, sondern ein Dritter beauftragt. Soweit es im Rahmen der Vergabe von Aufträgen zu Kostensteigerungen gekommen sei, könne dies nicht dem Kläger zugerechnet werden, da der Beklagte ganz überwiegend selbst an der Vergabe beteiligt und daher über die Kostenentwicklung informiert gewesen sei.
Hilfsweise stützt das OLG sein Ergebnis darauf, dass zugleich mit den gestiegenen Kosten auch eine Wertsteigerung des Objekts eingetreten und daher kein Schaden des Beklagten gegeben sei.