OLG Hamm, Urteil vom 10. 12. 2012 – 17 U 107/11 –
von Reinhard Voppel
in: Beratende Ingenieure 9/10-2013, S. 36
von Reinhard Voppel
in: Beratende Ingenieure 9/10-2013, S. 36
Die Entscheidung betrifft die von einem Architekten geplante Verlegung von Pflaster auf einer Tiefgarage, kann aber auf andere Planungsleistungen ohne weiteres übertragen werden.
Der Kläger beauftragte den Beklagten auf der Grundlage der VOB/B mit der Herstellung einer Pflasterfläche auf einer Tiefgarage, für die ein Architekt die Planung erstellt hatte. Nach der Abnahme der Pflasterfläche zeigten sich zahlreiche Mängel. Der Kläger machte daraufhin bei dem Beklagten Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung geltend. Der Beklagte meint, nicht in Anspruch genommen werden zu können. Die Mängel resultierten aus der fehlerhaften Planung des Architekten. Außerdem habe der Beklagte ja Bedenken gegen die Planungsvorgaben erhoben.
Der vom Gericht bestellte Sachverständige stellt zum einen eine Reihe von Planungsmängeln, darüber hinaus auch mehrere Ausführungsmängel fest.
Grundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ist § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B. Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung nur, dass der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen, nicht dass er auch bereits einen Vorschuss auf die zu erwartenden Kosten beanspruchen kann. Nach allgemeiner Ansicht ist aber der Anspruch auf Kostenvorschuss in dieser Regelung enthalten.
Das Gericht stellt aufgrund der Begutachtung durch den Sachverständigen fest, dass die Leistung des Beklagten mangelhaft ist: Insbesondere sind das verlegte Pflaster gelockert, Bettung und Fugenmaterial ausgewaschen und unterschiedliche Höhenlagen entstanden. Wegen der Erfolgsbezogenheit des Werkvertrags kommt es auf ein Verschulden des Auftragnehmers nicht an.
Eine Haftung kann jedoch ausscheiden, wenn der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgegebene Ausführung anmeldet, der Auftraggeber aber dennoch auf den Vorgaben besteht, § 13 Abs. 3 iVm. § 4 Abs. 3 VOB/B.
Der Beklagte hatte schriftlich zu einzelnen Punkten Bedenken angemeldet, nach einer Planungsänderung aber auf Aufforderung des Klägers diese schriftlich zurückgezogen. Da auch die geänderte Planung mangelhaft war und der Beklagte dies hätte erkennen müssen, aber gleichwohl dagegen keine Bedenken erhoben hatte, wird er insoweit von der Haftung nicht frei.
Allgemein hat der Beklagte mündlich wiederholt gegenüber dem Kläger geltend gemacht, „dass er die gewählte Sonderbauweise nicht kenne und es für ungünstig halte, wenn Wasser in den Aufbau gelange“.
Entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 VOB/B kann auch ein mündlicher Hinweis ausreichen, wenn er eindeutig, d. h. klar, vollständig und erschöpfend ist. Ziel der Bedenkenanmeldung ist, dass der Auftraggeber darüber informiert wird, dass seine Vorgaben mit Risiken behaftet sind. Das wird auch mündlich erreicht. Gleichwohl ist eine schriftliche Bedenkenanzeige schon aus Beweisgründen vorzugswürdig.
Die mündliche Bedenkenanmeldung war aber inhaltlich unzureichend. Eine Bedenkenanmeldung muss die nachteiligen Folgen der auftraggeberseitigen Vorgaben und die sich daraus ergebenden Gefahren konkret darlegen. Der Auftraggeber muss aus der Anzeige erkennen können, welche Tragweite es hat, wenn er die Bedenken nicht beachtet.
Aus der zitierten Äußerung konnte der Kläger weder entnehmen, welche konkreten Probleme der Beklagte meinte, erkannt zu haben, noch welche nachteiligen Folgen sich aus der unveränderten Ausführung ergeben können.
Der Beklagte konnte sich auch nicht darauf berufen, die Geltendmachung von Bedenken sei nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger selbst oder sein Architekt das Risiko des – vorgegebenen, aber fehlerhaften – Aufbaus des Pflasters gekannt hätten. Die Tatsache, dass die Planung fehlerhaft war, deutet auf das Gegenteil hin, und der Hinweis des Beklagten lässt nicht erkennen, dass mit konkreten Nachteilen gerechnet werden muss, was allein Kläger oder Architekten zu einem Überdenken hätten anregen können.
Da der Beklagte sich bereits geweigert hatte, Nachbesserungsarbeiten vorzunehmen, musste ihm keine weitere Frist für die Nacherfüllung gesetzt werden.
Der Beklagte haftet allerdings nicht in vollem Umfang. Vielmehr ist ein Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen, § 254 Abs. 1 BGB. Der Kläger schuldet dem Beklagten eine mangelfreie Ausführungsplanung. Für das Planungsverschulden des Architekten hat der Auftraggeber gemäß § 278 BGB einzustehen, weil dieser sein Erfüllungsgehilfe bezüglich der vorgenannten Pflicht ist.
Da Planungsfehler den Mangel mitverursacht haben, wird dies zu Lasten des Klägers berücksichtigt. Da aber neben den Planungsfehlern wiederum die mangelnde Bedenkenanzeige des Beklagten zu berücksichtigen ist, muss es zu einer Quotelung kommen.
Das Gericht kommt dazu, dass im vorliegenden Fall das Planungsverschulden mit 2/3, die mangelnde Bedenkenanzeige mit 1/3 zu bewerten ist. Diese Aufteilung ist allerdings am Einzelfall orientiert; sie kann nicht ohne weiteres auf andere Fälle übertragen werden. Da der Mangel zudem auch noch durch Ausführungsfehler verursacht ist, kommt das Gericht insgesamt dazu, dass der Beklagte die Kosten der Mangelbeseitigung zur Hälfte zu übernehmen hat.
Hinsichtlich der hälftigen Kosten, auf denen der Kläger im Verhältnis zum ausführenden Unternehmer sitzen bleibt, kann er nach den im Verfahren getroffenen Feststellungen den Architekten in Anspruch nehmen.
Ggf. kann der Beklagte wegen des Haftungsanteils, der auf die fehlerhafte Planung entfällt, ebenfalls Rückgriff bei dem mit ihm als Gesamtschuldner haftenden Architekten nehmen. Die Kernursache der Mängel liegt in der fehlerhaften Planung; demgegenüber tritt im Verhältnis zum Architekten die fehlende Bedenkenanzeige zurück. Es ist eine Frage des Einzelfalles, ob eine derart überwiegende Verursachung des Planers angenommen werden muss, dass er den Unternehmer im Ergebnis völlig oder doch weitgehend freistellen muss.